Die Softwareindustrie hat sich lange Zeit dagegen gewehrt, dass ihre Computerprogramme vom Erstkäufer weiterverkauft werden. Begründet wurde dies vereinfacht gesagt damit, dass dem Erstkäufer lediglich das Nutzungsrecht für den eigenen Gebrauch übertragen worden sei. Das Recht zur Weiterverbreitung der Software sei ihm regelmäßig gerade nicht übertragen worden. Durch Entscheidungen des EuGH vom 03.07.2012, C – 128/11, „UsedSoft/Oracle“; BGH, Urteil vom 09.03.2015, I ZR 4/14, „Green-IT“; BGH, Urteil vom 17.07.2013, I ZR 129/08, „UsedSoft II“ ist jedoch inzwischen klargestellt, dass dem Recht des Herstellers der Software auf Verbietung der Weiterverbreitung seines Produktes der sogenannte Erschöpfungsgrundsatz entgegenstehen kann.
„Erschöpfung“ bedeutet, dass das Schutzrecht sich verbraucht, sobald die geschützte Software zum ersten Mal rechtmäßig vom Hersteller in den Verkehr gebracht wurde. Ihr Schutz kann nach diesem Inverkehrbringen mehr in Anspruch genommen werden.
Gilt dies aber auch für den isolierten Verkauf des Produktschlüssels?
Die Konstellation sieht so aus, dass der Verkäufer, der die Software seinerseits entweder vom Hersteller oder aber von einem Dritten, der sie seinerseits vom Hersteller bezogen hat, den Produktschlüssel an den Endkunden weiter verkauft. Mit diesem Produktschlüssel soll sich der Kunde beim Hersteller die dazugehörige Programmkopie downloaden. Auch hier gegen setzten sich die Softwarehersteller zur Wehr. Sie argumentierten unter anderem dadurch, dass der Kunde durch den Kauf eines Produktschlüssels kein Nutzungsrecht erwerbe. Ein Produktschlüssel sei lediglich das technische Mittel, um Zugang zur Software zu erlangen. Mit dieser Argumentation drangen sie jedoch regelmäßig nicht durch.
So hat aktuell das OLG Frankfurt am Main mit Urteil vom 05.04.2016, Az. 11 U 113/15, entschieden, dass sich das Recht zum Weiterverbreiten einer Kopie eines Computerprogramms sowohl auf die Weitergabe eines Datenträgers selbst als auch auf die Bekanntgabe des zum Herunterladen des Programms erforderlichen Produktschlüssels erstreckt, sofern Erschöpfung eingetreten ist.
Neben der Erschöpfung, die eingetreten sein muss und die insbesondere die erstmalige Einräumung eines zeitlich unbegrenzten Nutzungsrechts gegen Zahlung eines angemessenen Entgelts beinhaltet, ist die Berechtigung zum Weiterverkauf des Datenträgers oder des Produktschlüssels daran gebunden, dass der Verkäufer keine Kopie des Computerprogramms zurückbehält.
Der Verkäufer genügt dieser Voraussetzung, wenn er entweder die eigene Programmkopie den Erwerber übergibt oder aber seine eigene Kopie unbrauchbar macht.
Spannend wird die ganze Angelegenheit dann, wenn der Käufer des Produktschlüssels einer „gebrauchten“ Software diese beim Hersteller herunterladen möchte und von dort die Mitteilung bekommt, dass eine Aktivierung nicht möglich sei, da der Produktschlüssel bereits in Benutzung sei bzw. zu oft aktiviert worden sei. Liegt hierin nun ein Rechtsmangel des verkauften Produktschlüssels? Muss der Verkäufer des Produktschlüssels dafür Sorge tragen, dass dieser auch tatsächlich dazu in der Lage ist, die Software beim Hersteller zu aktivieren oder ist hier der Hersteller in der Pflicht? Man mag es als vertragliche Nebenpflicht des Verkäufers des Produktschlüssels ansehen, seinem Käufer zu helfen und dem Hersteller, der eine Aktivierung der Software verweigert, oder aber dem Käufer selbst Nachweise zu liefern, dass der Produktschlüssel rechtmäßig weiterverkauft wurde, eine auf den Hersteller zurückreichende Rechtekette also besteht.
Rechtlich geklärt ist dieser Fragenkomplex von der Rechtsprechung bislang noch nicht. Es spricht jedoch einiges dafür, dass dem Käufer von seinem Verkäufer auf Verlangen nachgewiesen werden muss, dass die vorexistierende Programmkopie vernichtet worden ist, wenn der Fall eintritt, dass der Hersteller die Software für den Käufer nicht aktiviert, weil er Bedenken hinsichtlich dessen Nutzungsberechtigung hat. Meines Erachtens nach ist es eine Frage der ordnungsgemäßen Erfüllung der Pflichten des Verkäufers aus dem Kaufvertrag, dass er seinen Käufer in die Lage versetzt, die Behauptung des Herstellers, es läge keine Nutzungserlaubnis mangels Beleg der Unbrauchbarmachung vor, zu widerlegen.