Das LG Gießen hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob und wie sich ein Admin-C eines Erotik-Portals, auf dem ohne ausreichendes Altersverifikationssystem verlinkt wird, strafbar gemacht hat. Das AG Gießen hatte die Eröffnung des Hauptverfahrens mit der Begründung abgelehnt, ein hinreichender Tatverdacht liege nicht vor. Eine Verurteilung wegen Beihilfe zur Verbreitung pornographischer Schriften (§§ 184 Abs. 1 Nr. 2, 184d, 27 StGB) sei nach dem gesamten Akteninhalt bei vorläufiger Tatbewertung nicht wahrscheinlich. Dies sah auch das LG Gießen so, nachdem gegen die Entscheidung des AG Gießen sofortige Beschwerde eingelegt wurde.
Es lägen zwar die Voraussetzungen einer vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat vor. Die Domaininhaberin sei hinreichend verdächtig, sich der Verbreitung pornographischer Schriften (§§ 184 Abs. 1 Nr. 2, 184d, 13 StGB) strafbar gemacht zu haben, so das LG Gießen.
Aus den Entscheidungsgründen:
„Die Domaininhaberin der Internetseite […] hat sich die verlinkten Angebote auch zu Eigen gemacht. Im sogenannten […] wird die Seite wie folgt beschrieben: „[…] das große Online Portal rund um das Thema Erotik. Anal Sex, Oral Sex. Porno, Gay, Titten, Amateure, Fetisch und vieles mehr mit Bildern, Videos und Downloads. Kostenlos und ohne Anmeldung!“ Unter dem Link „[…]“ findet sich zudem eine Werbeplatz-und Preisübersicht. Es werden verschiedene Bannergrößen und -plätze gezeigt. Außerdem wird dem interessierten Kunden angeboten, die Werbemittelgestaltung zu übernehmen. Der Beschreibung zur Preisliste Online-Werbung lässt sich ferner entnehmen, dass die Internetseite […] permanent gepflegt und aufwendig redaktionell bearbeitet wird. Hinzu kommt, dass sich die Website nicht auf eine bloße Auflistung von Links beschränkt, sondern die zu erreichenden Inhalte durch große und bebilderte, teilweise den Bildschirm ausfüllende Werbebanner angepriesen und beschrieben hat. Unter Beachtung der Gesamtumstände ist somit das zu Eigenmachen der verlinkten Inhalte durch Empfehlung, redaktionelle Bearbeitung sowie bewusste Auswahl-und Kontrollentscheidung anzunehmen (VG Karlsruhe, Urt. v. 25.07.2012 – 5 K 3496/10, Juris Rn. 36, Schönke/Schröder/Eisele, 29. Auflage, § 184 StGB Rn. 82).
Nach entsprechender Mitteilung durch den Angeschuldigten war die Domaininhaberin wegen ihrer Garantenstellung aus Gewährsübernahme zudem dazu verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass entsprechende Altersverifikationssysteme eingerichtet werden bzw. die Verlinkung zu den Seiten […] aufgehoben wird. Ein solches Vorgehen war möglich und zumutbar.
[…]Auch ist in diesem Zusammenhang von einer Garantenstellung und einer damit verbundenen Pflicht zum Tätigwerden des Angeschuldigten auszugehen. Diese ergibt sich zwar nicht automatisch aus der Funktion und Aufgabenstellung als Admin-C. Nach den Regelungen der […], denen sich die Funktion des Admin-C entnehmen lässt, ist allein die Domaininhaberin gehalten, Verletzungen von Rechten Dritter zu vermeiden, während sich der Aufgabenbereich des Admin-C auf die Erleichterung der administrativen Durchführung des Domainvertrags gegenüber dem Domaininhaber beschränkt (BGH, Urt. v. 09.11.2011-I ZR 150/09, Juris Rn. 54, zur zivilrechtlichen Störerhaftung). Die Garantenstellung folgt jedoch nach den Umständen des Falles daraus, dass es der Angeschuldigte übernommen hat, administrativer Ansprechpartner für ein Erotikportal zu sein, und für ihn der Rechtsverstoß aufgrund der Mitteilung durch […] offenkundig und unschwer zu erkennen war (vgl. BGH, a.a.O., Juris Rn. 57 m. w. N. und BGH, Urt. v. 13.12.2012 – I ZR 150/11, Juris Rn. 20).
Im Ergebnis fehlt es jedoch an dem für eine Strafbarkeit des Angeschuldigten notwendigen (doppelten) Gehilfenvorsatz. Der Gehilfe muss einerseits die Hilfeleistung mit mindestens bedingtem Vorsatz hinsichtlich ihrer Förderungswirkung für die Haupttat erbracht haben. Andererseits muss der Gehilfenvorsatz auch die Vollenddung der Haupttat umfassen, mag dem Gehilfen auch der Eintritt des Erfolges an sich unerwünscht sein (vgl. Schönke/Schröder – Heine/Weißer, 29. Auflage, § 27 Rn. 28). Der doppelte Gehilfenvorsatz ist danach anzunehmen, wenn der Gehilfe neben der deliktischen Verwendung seiner Unterstützungsleistung auch die wesentlichen Merkmale der Haupttat erkennt und den für die Verwirklichung der Haupttat erforderlichen Vorsatz des Haupttäters zumindest billigend in Kauf nimmt (Fischer, a.a.O., § 27 StGB, Rn. 22).
Von einem solchen Vorsatz des Angeschuldigten ist allerdings aufgrund der diesem nach Aktenlage vorliegenden Informationen nicht auszugehen. Der Angeschuldigte hat das Schreiben von […] vom 10.01.2011 unverzüglich an die Domaininhaberin übersandt und darum gebeten, die Domain […] zu überprüfen, das Schreiben an die Inhaber der verlinkten Seiten weiterzuleiten und diese gegebenenfalls zu Änderungen aufzufordern. Er hat damit deutlich gemacht, dass ihm an der Beendigung des von […] festgestellten rechtswidrigen Zustandes gelegen war. Nach seiner Einlassung wurde ihm seitens des für die Inhalte verantwortlichen Domain-Betreibers auch zugesichert, das gesamte Angebot von […] auch im Hinblick auf die durch […] aufgeworfenen Fragen zu überarbeiten.