Das LG Düsseldorf hat mit Urteil vom 11.03.2015, Az. 12 O 561/14, entschieden, dass sieben Abmahnungen in einem Zeitraum von drei Tagen rechtsmissbräuchlich sind. So viele Abmahnungen hatte die Antragstellerin eines einstweiligen Verfügungsverfahrens der Antragsgegnerin außergerichtlich um die Ohren gehauen. Für jede Abmahnung hatte sie einen Streitwert in Höhe von 75.000,00 € angesetzt und so jeweils Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.752,90 € von der Antragsgegnerin gefordert. Was den im einstweiligen Verfügungsverfahren geltend gemachten Unterlassungsanspruch betraf, so bekam die Antragstellerin hier zunächst Recht. Gegen die erlassene einstweilige Verfügung legte die Antragstellerin jedoch Widerspruch ein. Das LG Düsseldorf hob die einstweilige Verfügung auf und führte u.a. wörtlich aus:
„1. Gemäß § 8 Abs. 4 UWG ist die Geltendmachung der in […] Ansprüche unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich sind, insbesondere wenn sie vorwiegend dazu dienen, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Von einem Missbrauch im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG ist auszugehen, wenn sich der Gläubiger bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs von sachfremden Motiven leiten lässt. Diese müssen allerdings nicht das alleinige Motiv des Gläubigers sein. Ausreichend ist, dass die sachfremden Ziele überwiegen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.09.2013 – I-20 U 157/12). Missbräuchlich kann sich ein Gläubiger verhalten, wenn er bei einem einheitlichen Wettbewerbsverstoß getrennte Verfahren anstrengt und dadurch die Kostenlast erheblich erhöht, obwohl eine Inanspruchnahme in einem Verfahren für ihn mit keinerlei Nachteilen verbunden ist (BGH, GRUR 2006, 243 Rn. 16 – MEGA SALE). Für die Mehrfachverfolgung gleichartiger oder ähnlich gelagerter Wettbewerbsverstöße gilt nichts anderes. Auch die getrennte Verfolgung unterschiedlicher Streitgegenstände ist geeignet, den Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens zu begründen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.09.2013 – I-20 U 157/12).
Darlegungs- und beweispflichtig für die Voraussetzungen des § 8 Abs. 4 UWG ist grundsätzlich der Verletzer, hier der Antragsgegner. Erst wenn in ausreichendem Umfang Indizien vorgetragen sind, die für eine rechtsmissbräuchliche Geltendmachung des Unterlassungsanspruches sprechen, obliegt es sodann dem Anspruchsteller, diese Umstände zu widerlegen (BGH, GRUR 2006, 243 – MEGA-Sale; OLG Hamm, Urteil vom 14. August 2014 – 4 U 46/14). Letzteres ist nicht der Fall.
a) Der Umstand, dass die Antragstellerin bereits in größerem Umfang Abmahnungen ausgesprochen hat, ist für sich genommen nicht geeignet, einen Missbrauch zu belegen (vgl. BGH, GRUR 2012, 286 – Falsche Suchrubrik; OLG Hamm, Urteil vom 14.08.2014 – 4 U 46/14; Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 8 Rz. 4.12). Der Antragsgegner hat sieben Rechtsverletzungen begangen. Jede Rechtsverletzung berechtigt den Verletzten grundsätzlich dagegen vorzugehen.
b) Der vorliegende Fall liegt insoweit anders, als dass alles, was vom Unterlassungsgläubiger ohne Nachteile in einem Verfahren geltend gemacht werden kann, zusammenzufassen ist (OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.09.2013 – I-20 U 157/12, 20 U 157/12). Dies hat die Antragsstellerin sachwidrig unterlassen.
aa) Aus prozessualen Gründen war eine gesonderte Abmahnung der sieben Rechtsverletzungen nicht erforderlich. Im Zeitpunkt, zu dem die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin mit Schreiben vom 03.12.2014 die erste Abmahnung aussprachen, waren die erforderlichen Beweissicherungsmaßnahmen für alle Verletzungshandlungen abgeschlossen. Die Testkäufe waren von Mitarbeitern der Antragstellerin durchgeführt. Aufgrund dieser Informationslage konnte die Antragstellerin erkennen, dass es sich um gleich gelagerte Rechtsverstöße des Antragsgegners handelt, die zu sehr vergleichbaren materiellen wie prozessualen Konsequenzen führen würden. Deshalb liegt kein Grund vor, gesonderte Abmahnungen auszusprechen.
bb) Ein Grund für die Erhebung gesonderter Klagen kann sich daraus ergeben, dass sich die Rechtsdurchsetzung in der einen Hinsicht anders – und insbesondere zeitaufwendiger – gestalten kann als in der anderen Hinsicht und daher bei Erhebung einer einheitlichen Klage die – gerade bei in die Zukunft gerichteten Unterlassungsansprüchen relevante – Gefahr besteht, dass ein an sich ohne viel Aufwand durchsetzbarer Anspruch zunächst nicht ausgeurteilt wird (BGH, Beschluss vom 26. Februar 2014 – I ZR 120/09). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor […].
cc) Der Aufbau und die Struktur sowie – entscheidend – die vorgetragenen Gründen des rechtsverletzenden Verhaltens sind in allen 7 Abmahnungen nahezu gleich.
c) Schließlich spricht als weiteres Indiz für einen Missbrauch der Umstand, dass die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin nicht die sieben ihnen abgemahnten Verstöße gebührenrechtlich zusammenfasst haben. Wie der Antragsgegner in der Widerspruchsschrift zutreffend ausgeführt hat, ist der betragsmäßige Unterschied in der Gebührenrechnung mehr als signifikant. Bei jeweils einem Streitwert von 75.000,- EUR und einer Gebührenforderung von jeweils 1.752,90 EUR ergibt sich ein Betrag an geforderten Kosten in Höhe von 12.270,30 EUR während eine Abmahnung bei eine Gesamtstreitwert von 525.000,- EUR zu einer Gebühr in Höhe von 4.391,90 EUR führen würde.“
Es würde mich ehrlich gesagt in höchstem Maße verwundern, wenn es irgendein Landgericht gäbe, das in diesem evidenten Fall von Abmahnmissbrauch anders entschieden hätte. Abmahnungen sind nun mal, auch wenn man zugeben muss, dass das oft „vergessen“ wird, in erster Linie ein Instrument, um einen rechtswidrigen Zustand zu beseitigen. Wer allerdings künstlich die Zahl von ausgesprochenen Abmahnungen in die Höhe treibt, um sich selbst zu bereichern oder einen Mitbewerber finanziell möglichst stark zu schädigen, darf sich nicht wundern, wenn dieser Angriff als Rohrkrepierer endet.