In den letzten Jahren hat das Phänomen der Internetbewertung eine stark zunehmende Verbreitung gefunden. Verbraucher können ihre Erfahrung mit einem Unternehmen, einem Verkäufer, einem Restaurant etc. online rezensieren und eine Bewertung abgeben.
Anfangs waren Streitigkeiten um vermeintlich ungerechtfertigte Bewertungen vor allem auf eBay ein Thema. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von Bewertungsportalen im Internet, deren ausschließlicher Zweck darin besteht, Bewertungen zu veröffentlichen.
Eines der größten Bewertungsportale ist vermutlich yelp.de. Dort kann man u.a. in den Rubriken „Restaurant“, „Shopping“, „Handwerk“ oder auch „Gesundheit und Ärzte“ Erfahrungsberichte schreiben und Bewertungen abgeben. Speziell für das Gesundheitswesen gibt es gesonderte Bewertungsportale, z.B. jameda.de als nach eigenen Angaben größte Plattform dieser Art oder auch andere Plattformen wie z.B. sanego.de oder docinsider.de.
Das Problem bei Bewertungsportalen für hochspezialisierte Dienstleister wie Ärzte liegt zum einen darin, dass der Patient oft gar nicht beurteilen kann, ob die kritisierte Behandlung medizinisch in Ordnung war oder nicht. Zum anderen können bereits wenige negative Bewertungen ausreichen, um eine Vielzahl potentieller Patienten davon abzuhalten, einen bestimmten Arzt aufzusuchen. Bislang haben die meisten Ärzte nur eine überschaubare Anzahl von Bewertungen, umso geschäftsschädigender wiegt da bereits eine einzige negative Bewertung.
Im Gegensatz dazu wiegt eine einzelne negative Bewertung bei einem eBay-Händler, der monatliche einige hundert oder sogar tausend Auktionen durchführt, zwar nicht so schwer. Hier droht aber noch anderes Ungemach: Werden zu viele negative Bewertungen abgegeben, kann sich dies nicht nur schädlich auf den Umsatz auswirken, es drohen auch Sanktionen seitens eBay bis hin zur Sperrung des Accounts.
Ob als Arzt, als Händler bei eBay oder generell als Unternehmer, der seine Firma zu Unrecht an den Pranger gestellt sieht – es kann sich sehr wohl lohnen, gegen ungerechtfertigte negative Bewertungen vorzugehen. Aber wann ist dies überhaupt möglich? Was darf der Kunde wie bewerten und wann ist eine Grenze überschritten?
Was darf man löschen lassen und was nicht?
Zunächst ist zwischen Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen abzugrenzen. Diese rechtliche Abgrenzung ist oftmals schwierig. Eine Tatsachenbehauptung bezieht sich auf objektive Umstände in der Wirklichkeit, die dem Beweis vor einem Gericht zugänglich sind, also etwa durch Urkunden, Zeugen oder Sachverständige bestätigt oder widerlegt werden können. Eine Meinungsäußerung ist in Abgrenzung hierzu eine subjektive Wertung, bei der der Tatsachengehalt in den Hintergrund tritt.
Bei Tatsachenbehauptungen kommt es darauf an, ob diese tatsächlich wahr sind. Bei schlichtweg falschen Behauptungen kann deren Löschung verlangt werden. Behauptet ein Käufer beispielsweise fälschlicherweise, dass die gelieferte Ware mangelhaft sei, so kann der Verkäufer hiergegen vorgehen. Meinungsäußerungen genießen dagegen einen höheren Schutz. Bei ihnen kommt darauf an, ob sie die Grenze zur sog. unsachlichen Schmähkritik überschreiten oder sogar eine strafrechtlich relevante Beleidigung darstellen. Nur dann kann auch hier die Löschung durchgesetzt werden. Gegen Käufer, die den Verkäufer als „Betrüger“ betiteln, kann daher z.B. ebenfalls vorgegangen werden.
Gegen wen muss ich meinen Anspruch auf Löschung richten?
Unzutreffende negative Bewertungen sollten schnell und nachhaltig entfernt werden. Jeder Tag, an dem eine solche Bewertung online auffindbar ist, kann sich schädlich für den Bewerteten auswirken. Der Verantwortliche für den negativen Beitrag ist zunächst nicht das Bewertungsportal selbst, sondern ein Dritter, der oftmals auch noch anonym ist. Der Portalbetreiber selbst hat oftmals wegen der großen Menge an vorhandenen Bewertungen keine konkrete Kenntnis von der Rechtsverletzung. Für diese Konstellation bedient sich die Rechtsprechung der Praxis des sog. „Notice and Takedown“, vgl. insbesondere Bundesgerichtshof, Urteil vom 27.03.2012 – VI ZR 144/11.
Zunächst wird der Portal- oder Forenbetreiber angeschrieben und von der Rechtsverletzung in Kenntnis gesetzt („Notice“). Er muss dann die Rechtsverletzung überprüfen und gegebenenfalls den Nutzer, der die Bewertung abgegeben hat, kontaktieren und zur Stellungnahme auffordern. In diesem Umfang hat er eine Mitwirkungs- und Aufklärungspflicht. Kommt er dieser Pflicht nicht nach oder löscht er unzweifelhaft rechtswidrige Beiträge nicht („Takedown), so ist er unmittelbar selbst verantwortlich und kann direkt in Anspruch genommen werden.
Handelt der Portalbetreiber nicht oder verweigert er die Löschung der beanstandeten Bewertung, kann die Löschung mittels Erlass einer einstweiligen Verfügung durch das Gericht umgesetzt werden. Gerade weil jeder Tag, an dem eine falsche negative Bewertung online ist, zählt, empfiehlt sich dieser Weg des einstweiligen Rechtsschutzes, da ein reguläres Klageverfahren schlichtweg zu lange dauert, um hier effektiven Schutz zu bieten. Ist die einstweilige Verfügung erlassen, bedeutet dies im Regelfall auch den endgültigen Abschluss der Angelegenheit. Der Portalbetreiber wird meistens kein Interesse daran haben, den Bestand der einstweiligen Verfügung in einem Hauptsacheverfahren auf die Probe zu stellen.
Wenn Sie Unternehmer und von einer ungerechtfertigten negativen Bewertung betroffen sind, können Sie sich gerne mit mir in Verbindung setzen. Die Wahrung der virtuellen „corporate identity“ von Unternehmen zählt seit Jahren zu meinen Tätigkeitsschwerpunkten.