Unterlassungsansprüche z.B. im Wettbewerbsrecht setzen regelmäßig voraus, dass derjenige, der den Anspruch geltend macht, diesen auch für sich beanspruchen darf. Das ist z.B. dann der Fall, wenn es sich um einen Mitbewerber, also um einen Konkurrenten, handelt. Das OLG Frankfurt hatte mit Urteil vom 03.07.2014, Az. 6 U 240/13, zu entscheiden, auf welchen Zeitpunkt es insoweit ankommt.
Der Abmahner hatte ein bestimmtes Produkt erst im Oktober 2012 in sein Sortiment aufgenommen. Dieses Produkt wurde bis Ende September 2011 auch vom Abgemahnten verkauft. Zum Zeitpunkt der Abmahnung verkaufte der Abgemahnte jedoch überhaupt keine Waren mehr. Sein Online-Shop war geschlossen und es wurde mitgeteilt, dass er derzeit nicht lieferfähig sei, jedoch an neuen Produkten arbeite.
Der gesunde Menschenverstand würde nun unweigerlich annehmen, dass hier kein Mitbewerberverhältnis besteht, weil zum Zeitpunkt der Abmahnung keine Geschäftstätigkeit des Abgemahnten bestand und nicht abzusehen war, ob die Geschäftstätigkeit überhaupt noch einmal aufgenommen werden würde. Der Jurist an und für sich sieht die Dinge aber etwas … diferenzierter und so hat das OLG Frankfurt geurteilt, dass es nicht darauf ankommen, ob zum Zeitpunkt der Abmahnung ein Mitbewerberverhältnis bestünde, sondern ob dies zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits der Fall sei.
Aus den Entscheidungsgründen:
„Wie das Landgericht weiter mit Recht angenommen hat, ist die Wiederholungsgefahr für die vom Beklagten begangenen Wettbewerbsverstöße nicht allein dadurch beseitigt worden, dass der Beklagte nach dem 30.9.2011 über seinen Webshop ungeachtet der weiterhin im Internet aufrufbaren Homepage keine Bestellungen mehr entgegengenommen und ausgeführt hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. GRUR 1998, 824, 828 – Testpreis-Angebot – sowie die Nachweise bei Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl., Rdz. 1.39a zu § 8 UWG) lässt die Aufgabe des Geschäftsbetriebs die Wiederholungsgefahr nur dann entfallen, wenn ausgeschlossen ist, dass der Verletzer denselben oder einen ähnlichen Geschäftsbetrieb wieder aufnimmt. Davon kann hier keine Rede sein, nachdem der Beklagte auch nach dem 30.11.2011 auf seiner Homepage sogar darauf hingewiesen hat, dass er an neuen Produkten arbeite.
[…]Der Annahme des für die Aktivlegitimation erforderlichen konkreten Wettbewerbsverhältnisses steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der die Wiederholungsgefahr begründenden Verletzungshandlung (bis zum 30.9.2011) noch keine Mitbewerberin des Beklagten war, sondern den Handel mit A erst im Oktober 2012 aufgenommen hat. Der Unterlassungsanspruch ist allein auf die Unterbindung eines bestimmten Verhaltens in der Zukunft gerichtet. Für die Aktivlegitimation nach § 8 III Nr. 1 i.V.m. § 2 I Nr. 3 UWG ist es daher erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Unterlassungsgläubiger zum Zeitpunkt der künftig drohenden Verletzungshandlung in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis mit dem Unterlassungsschuldner steht. Dies ist hier der Fall, wenn – was auf Grund der fortbestehenden Wiederholungsgefahr unterstellt werden muss – der Beklagte künftig die durch das angefochtene Urteil untersagten Angebote erneut vornehmen sollte.
Dagegen vermag der erkennenden Senat keine überzeugenden Gründe dafür zu erkennen, die Aktivlegitimation für den Unterlassungsanspruch von einem Wettbewerbsverhältnis auch schon zum Zeitpunkt der zugrunde liegenden Verletzungshandlung abhängig zu machen. Denn solange die durch die begangene Verletzungshandlung begründete Wiederholungsgefahr fortbesteht, hat auch ein neu hinzugetretener Mitbewerber ein schützenswertes Interesse daran, weitere kerngleiche Verletzungshandlungen zu unterbinden. Es wäre auch wenig konsequent, für die Geltendmachung eines auf Wiederholungsgefahr gestützten Unterlassungsanspruchs (§ 8 I 1 UWG) das Bestehen eines Wettbewerbsverhältnisses bereits bei der zugrunde liegenden Verletzungshandlung zu verlangen, während dieses Erfordernis bei der Geltendmachung eines vorbeugenden, auf Erstbegehungsgefahr gestützten Unterlassungsanspruchs (§ 8 I 2 UWG) naturgemäß nicht gelten kann. Auch der Wortlaut des § 8 III Nr. 1 UWG gibt keinen Anlass für eine von der Auffassung des Senats abweichende Auslegung.
Die Revision zum BGH wurde zugelassen, so dass in näherer Zukunft hier hoffentlich eine eindeutige Stellungnahme des BGH zu der Frage vorliegen wird, wann man Mitbewerber sein muss.