Das Schauspiel um die deftigen Äußerungen, die unser Altbundeskanzler über Tischmanieren und andere vermeintliche Charakterschwächen prominenter Politiker der Gegenwart und Vergangenheit seinerzeit seinem Ghostwriter Heribert Schwan anvertraut hat, hat ein vorläufiges Ende gefunden. Nachdem es Kohl zuletzt nicht gelungen war, die Veröffentlichung des gesamten Buches zu verhindern, hat ihm das LG Köln in seiner heutigen Entscheidung aber insoweit recht gegeben, als dass der Großteil der von Kohl angegriffenen 115 Zitate in Zukunft nicht mehr veröffentlicht werden darf, LG Köln, Urt. v. 13.11.2014, Az.: PM 13/14.
Richter sehen Verstoß gegen die Vertraulichkeit
Da es eine vertragliche Vereinbarung zwischen Kohl und Schwan gegeben habe, wonach letzterer zur Verschwiegenheit verpflichtet gewesen sei, habe die Entscheidung darüber, ob und welche der auf Tonband aufgezeichneten Gespräche wann veröffentlicht werden würden, alleine Kohl zugestanden. Die rechtswidrige Veröffentlichung durch Schwan sei auch nicht durch die Pressefreiheit nach Artikel 5 Grundgesetz zu rechtfertigen. Die vertragliche Vereinbarung zwischen Kohl und Schwan habe der Pressefreiheit insoweit eine zulässige Grenze gesetzt. Schwan habe daher die Privat- und Persönlichkeitssphäre des Altbundeskanzlers verletzt.
Bereits erschienene Exemplare sind vom Verbot nicht betroffen
Ca. 200.000 bereits in den Handel gelangte Exemplare des Buches „Vermächtnis – Die Kohl-Protokolle“ dürfen weiterhin abverkauft werden. Der Anwalt Kohls hat aber bereits angekündigt, dass neben dem jetzt durchgesetzten Veröffentlichungsverbot noch Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden würden. Der Heyne-Verlag hat seinerseits bereits verlauten lassen, dass man Rechtsmittel gegen das jetzige Urteil einlegen werde.
Für den juristischen Laien – und nicht nur für den – sind die Wertungen, die gerichtlicherseits getroffen werden, wenn es um die Verletzung von Persönlichkeitsrechten geht, mitunter nicht ganz so einfach nachzuvollziehen. Nicht, dass diese Entscheidung offenkundig falsch wäre; sie ist durchaus nachvollziehbar, auch wenn der Schutz des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts bei derart bekannten Menschen wie z.B. Helmut Kohl im vergleich zu Otto Normalbürger deutlich weniger stark ausgeprägt ist, eben weil man davon ausgehen darf, dass es ein berücksichtigenswertes Informationsinteresse der Öffentlichkeit gibt. Warum aber z.B. der Bundesgerichtshof in einem ähnlichen Fall einem Presseorgan erlaubt hat, aus gestohlenen E-Mails eines deutlich weniger bekannten Politikers zu zitieren, um dessen Unterhaltspflichtverletzungen seines unehelichen Kindes gegenüber zu belegen, ist im Vergleich zu diesem Fall deutlich schwerer verständlich.