Anspruch auf Gegendarstellung bei privatem Blog

Im Bereich des Presserechts gibt es einen klassischen Anspruch – den Anspruch auf Gegendarstellung. Wird z.B. in einer Zeitung (egal ob online oder offline) eine unwahre Tatsache über eine Person behauptet, so kann dieser Person ein Anspruch auf Gegendarstellung zustehen. Die Zeitung wäre dann dazu verpflichtet, die (richtige) Darstellung darüber, wie sich etwas tatsächlich zugetragen hat, zu veröffentlichen.

Gilt der Anspruch auf Gegendarstellung auch bei einem privaten Blog? Damit hatte sich das Kammergericht Berlin mit Beschluss vom 28.11.2016, Az. 10 W 173/16, zu beschäftigen.

Die Details sind nicht unbedingt von Interesse: Ein Politiker der ehemals halbwegs relevanten Piratenpartei hatte über einen anderen Politiker dieser Partei in seinem privaten Blog behauptet, dass dieser über einen weiteren Politiker dieser Partei behauptet habe, dieser sei bankrott. Also im Grunde ein hervorragendes Beispiel dafür, warum diese Partei mittlerweile keinerlei Relevanz mehr besitzt.

Gegen diese Behauptung setzte sich der zweite Politiker der obigen Politiker-Verkettung zur Wehr und erreichte, dass das Landgericht Berlin die Veröffentlichung einer Gegendarstellung verfügte. Hiergegen wollte sich der Betreiber des Blogs zur Wehr setzen; sein Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wurde jedoch mangels Erfolgsaussicht abgelehnt.

Das Kammergericht nannte als Kriterien für die Bejahung eines Anspruchs auf Gegendarstellung in einem privaten Blog, dass dieser als journalistisch-redaktionelles Angebot im Sinne von § 56 des Rundfunkstaatsvertrags (RStV) bewertet werden müsste. Hierfür wiederum seien die Kriterien Aktualität, Faktizität und Professionalisierungsgrad entscheidend. Eine regelmäßige Veröffentlichung von Beiträgen sei dagegen nicht zwingend erforderlich.

Aus den Entscheidungsgründen:

„Das Landgericht hat insofern zu Recht darauf abgestellt, dass das Angebot der Internetseite des Antragsgegners das Kriterium der Aktualität erfüllt. Denn Aktualität bezieht sich entgegen der Auffassung des Antragsgegners nicht darauf, dass zu jeglicher aktuellen politischen Frage Stellung bezogen wird. Im Gegenteil ist sie inhaltlich zu bemessen. Sofern im Angebot des Antragsgegners Stellung genommen wurde, geschah dres jeweils mit Bezug zu aktuellen Vorkommnissen und politischen Fragestellungen.

Eine Periodizität des Angebotes selbst ist im Rahmen des § 56 RStV gerade nicht erforderlich. Dies ergibt sich auch nicht daraus, dass §56 Abs. 1 Satz 1 RStV die Einstellung von Inhalten periodischer Druckerzeugnisse beispielhaft erwähnt.

Ein ausreichendes Maß an Faktizität besteht ebenfalls. Diese wird bemessen an den Inhalten selbst und nicht an den (ohnehin kaum bemessbaren) Erwartungen des Publikums. Auch ein Äußern politischer oder sonstiger Meinungen hindert nicht den Faktizitätsanspruch des Angebots, der lediglich bei einer hier nicht erkennbaren Vermischung realer und fiktionaler Darstellung oder einem Beschränken auf rein fiktionale Darstellungen entfairen kann (so zuletzt etwa BGH, Urteil vom 15. September 2015 – VI ZR 175/14 -, BGHZ 206, 347-365).

Auch hinsichtlich der übrigen Kriterien, namentlich der Professionalisierung der Arbeitsweise und des Grades an organisierter Verfestigung, führt das Landgericht zutreffend aus, dass der Internetauftritt des Antragsgegners sich in hohem Maße von typischen privaten Blogs unterscheidet und insofern eine journalistisch-redaktionelle Gestellung aufweist.“