Das zweite Urteil des BGH in Sachen eBay: Mit Urteil vom 24.08.2016, VIII ZR 182/15 hatte sich der Bundesgerichtshof mit der Problematik des sog. „Abbruchjägers“ zu beschäftigen. Bei einem Abbruchjäger handelt es sich um eine Person, die bei eBay gezielt Gebote auf solche Artikel abgibt, von denen sie hofft, dass der Anbieter die Auktion ohne zulässigen Grund abbricht. Sodann macht der Abbruchjäger als zum Zeitpunkt der unberechtigten Beendigung der Auktion Höchstbietenden einen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Anbieter geltend, wenn dieser ihm den Auktionsgegenstand nicht liefern kann.
So auch im vorliegenden Fall. Im Januar 2012 bot der Beklagte bei eBay ein gebrauchtes Motorrad im Wege einer zehntägigen Auktion mit einem Startpreis von einem Euro an. Der Sohn des Verwalters einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, der berechtigt war für diese Gesellschaft ein Nutzerkonto bei eBay einzurichten, gab ein Maximalgebot in Höhe von 1234,57 € ab. Der Beklagte brach die Auktion wegen fälschlich eingetragener Artikelmerkmale bereits am ersten Tag ab. Der Sohn des Verwalters war der einzige Bieter. Kurz darauf stellte der Beklagte das Motorrad mit korrigierten Angaben erneut bei eBay ein.
Ca. ein halbes Jahr später forderte der Sohn des Verwalters den Beklagten auf, ihm das Motorrad für einen Euro zu überlassen. Der Beklagte hatte das Motorrad inzwischen anderweitig veräußert. Der Sohn des Verwalters verlangte nunmehr mit der Behauptung, das Motorrad sei 4900 € wert gewesen, Schadensersatz in Höhe von 4899 €. Noch vor der Zustellung der Klage trat die Gesellschaft bürgerlichen Rechts ihre Ansprüche aus den vorgenommenen eBay Geschäften unentgeltlich an den Sohn des Verwalters ab.
Nachdem die Klage in der ersten Instanz zum Teil Erfolg gehabt hatte, hat das Landgericht Görlitz auf die Berufung des Beklagten die Klage insgesamt abgewiesen. Das Berufungsgericht ging davon aus, dass die Klägerin dazu berechtigt sei, die abgetretene Forderung weiter zu verfolgen. Das Schadensersatz verlangen sei jedoch rechtsmissbräuchlich. Denn der Sohn des Verwalters habe als Abbruchjäger vor allem das Ziel verfolgt, im Falle eines vorzeitigen Auktionsabbruchs Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Allein im Sommer 2011, das Landgericht habe er sich unter mehreren Nutzerkonten bei eBay registriert und Gebote in Höhe von 215.000 € abgegeben. Dabei habe er, immer unter Beantragung von Prozesskostenhilfe, vier Gerichtsverfahren eingeleitet. Zudem habe die Klägerin, in der Annahme der Beklagte werde das Motorrad zwischenzeitlich anderweitig veräußert haben, mit der Geltendmachung der Ansprüche ca. ein halbes Jahr gewartet.
eBay-Abbruchjäger: Rechtsmissbrauch anzunehmen
Der BGH hat in letzter Instanz entschieden, dass die Klage, unbeschadet einer Rechtsmissbräuchlichkeit, schon deswegen unzulässig sei, weil die Klägerin keine Prozessführungsbefugnis habe. Gemäß der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt eine gewillkürten Prozessstandschaft stets auch ein eigenes schutzwürdiges Interesse des Ermächtigten an der Rechtsverfolgung voraus. Ein solches Interesse ist gegeben, wenn die Entscheidung Einfluss auf die eigene Rechtslage hat. Es kann auch wirtschaftlicher Natur sein. Im vorliegenden Fall, so der BGH, fehle es jedoch an einem derartigen schutzwürdigen Interesse der Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Zwar könne auch der Verkäufer einer Forderung zur Vermeidung eigener Ersatzverpflichtungen ein eigenes berechtigtes Interesse daran haben, die abgetretene Forderung gerichtlich geltend zu machen. Vorliegend habe die Klägerin ihre vermeintlichen Rechte aus der eBay Auktion jedoch nicht verkauft, sondern unentgeltlich an den Sohn ihres Verwalters übertragen.
Auf den Einwand des Rechtsmissbrauchs kam es daher nach Ansicht des BGH nicht entscheidend an. Jedoch sei die Annahme des Berufungsgerichts frei von Rechtsfehlern. Im Ergebnis kann man daher wohl davon ausgehen, dass der BGH hier einen Rechtsmissbrauch bejaht hätte.
Bieter, die als Abbruchjäger auf der Jagd nach möglichst lukrativen Schadensersatzforderungen sind, werden sich in Zukunft daher wohl darauf einstellen können, dass sie im Streitfall vor Gericht wahrscheinlich unterliegen werden.