AG Düsseldorf kürzt Schadensersatzforderung in Filesharing-Abmahnung

AG Düsseldorf kürzt Schadensersatzforderung in Filesharing-Abmahnung

Das Amtsgericht Düsseldorf, Urteil vom 03.06.2014, Az. 57 C 3122/13, hat in einem Filesharing-Verfahren die von der abmahnenden Kanzlei im Wege einer Abmahnung geltend gemachte Schadensersatzforderung radikal gekürzt und damit ein begrüßenswertes Signal gegen die in der Regel weit überzogenen Schadensersatzforderungen der Abmahnindustrie gesetzt.

Wegen der unerlaubten öffentlichen Zugänglichmachung eines kompletten Musikalbums, bestehend aus 15 Einzeltiteln, forderte die Abmahnkanzlei insgesamt eine Summe von 3.897,80 €. Diese setzte sich zusammen aus 2.500,00 € Schadensersatz, der im Wege der sog. Lizenzanalogie berechnet wurde, sowie weiteren 1.379,80 € außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Die Rechtsanwaltskosten wurden in dieser Höhe beziffert, weil der im Wege der Abmahnung geltend gemachte Unterlassungsanspruch mit einem Gegenstandswert von 50.000,00 € beziffert wurde.

Das AG Düsseldorf sah dies jedoch ganz anders: Statt der geforderten 3.897,80 € wurden der Klägerin gerade einmal 303,60 € zzgl. Zinsen an Schadensersatz zugesprochen – gerade einmal ca. 8 % der geforderten Gesamtsumme.

Schadensersatzberechnung gemäß Lizenzanalogie – was ist das eigentlich?

Die Lizenzanalogie fragt danach, welche Kosten entstanden wären, wenn eine Nutzungsgebühr für die Einholung einer Nutzungserlaubnis zu entrichten gewesen wäre. Diese Berechnungsmethode findet man nicht nur im Urheberrecht, sondern z.B. auch im Markenrecht bzw. überall dort, wo Nutzungsrechte an geschützten Rechtspositionen an Dritte übertragen werden können.

Das heißt nun aber nicht, dass der Rechteinhaber, hier vertreten durch die Abmahnkanzlei, einfach hingehen und den Wert dieser Lizenz beliebig hoch ansetzen kann, z.B. mit dem Argument, man hätte eben nur zu dieser Lizenzgebühr eine Nutzungserlaubnis erteilt. Gefragt wird bei der Lizenzanalogie vielmehr danach, welche Summe ein vernünftiger (!) Lizenzgeber hätte verlangen dürfen und was ein vernünftiger Lizenznehmer zu zahlen bereit gewesen wäre.

Darf die Lizenzanalogie bei Abmahnung gegenüber Privatpersonen überhaupt angewendet werden?

Das AG Düsseldorf bezweifelt dies. Ob und in welchem Umfang die Grundsätze zur Lizenzanalogie Anwendung auf Privatpersonen fänden, wenn diese zwar nicht rein privat, aber eben auch nicht gewerblich handeln, sei unklar. Jedenfalls aber könnten nicht die Grundsätze angewendet werden, die bei einer kommerziellen Rechteeinräumung zwischen zwei Unternehmen Anwendung finden.

Das Interesse des privaten Anschlussinhabers sei, auch wenn er durch sein Handeln ein öffentliches Zugänglichmachen der urheberrechtlich geschützten Werke bewirke, nicht mit dem Interesse eines Unternehmens vergleichbar, dass sich gewerblicher Vertriebsformen bei der Verbreitung eines Werkes bediene.

Unter Berücksichtigung der Tatsachen, dass der Rechteinhaber das ausschließliche Nutzungsrecht an dem fraglichen Musikalbum nur im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland innehatte, dass das Album nur einen Tag öffentlich zugänglich gemacht wurde und dass schließlich für den legalen Download eines einzelnen Songs gerade einmal eine Lizenzgebühr von knapp 1,- € anfallen würde, hat das AG Düsseldorf folgerichtig die weit überzogene Schadensersatzforderung eingeschmolzen.

Ein Erstattungsanspruch hinsichtlich der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten wurde im Übrigen komplett verneint, weil es sich bei der Abmahnung um eine gänzlich unbrauchbare Leistung gehandelt habe. Die Abmahnung habe nämlich keine hinreichend konkrete Unterlassungsverpflichtung beinhaltet. Es wurde nämlich vom Abgemahnten verlangt es zu unterlassen „geschütztes Musikrepertoire der Klägerin ohne deren erforderliche Einwilligung im Internet verfügbar zu machen oder auf sonstige Weise auszuwerten“. Dies aber, so das AG, sei eine viel zu weitgehende Formulierung, die jeglichen Bezug auf das konkret in Rede stehende Musikalbum vermissen lasse.

Eine erfreuliche Entscheidung, die sich in eine Reihe weiterer abmahnkritischer Gerichtsentscheidungen der jüngeren Zeit einreiht. Bleibt zu hoffen, dass dieser Trend ungebrochen weitergeht.