Eine Abmahnung ist das Mittel der Wahl, wenn es darum geht, gegen Mitbewerber vorzugehen, die sich nicht rechtstreu verhalten. Oft wird jedoch der Einwand erhoben, eine Abmahnung sei rechtsmissbräuchlich, da es dem Abmahnenden in erster Linie darum gehe, dadurch Einnahmen zu generieren.
Einen neuen Fall dieser Art hatte jüngst das Oberlandesgericht Hamm zu entscheiden. Mit Urteil vom 15.9.2015, Az. 4 U 105/15, hat das OLG Hamm entschieden, dass 43 Abmahnungen in einer Woche rechtsmissbräuchlich sind. Dies gelte jedenfalls dann, so das OLG, wenn die Zahl der Abmahnungen in keinem vernünftigen Verhältnis zum wirtschaftlichen Erfolg des Abmahnenden stünde.
Ein Onlinehändler hatte seine Mitbewerber abgemahnt, da diese mit irreführenden Aussagen geworben hatten. Er ließ deswegen 43 Abmahnungen in einer Woche, insgesamt 200 Abmahnungen, aussprechen. Hiergegen ging einer der abgemahnten Mitbewerber vor. Letztlich mit Erfolg: das Oberlandesgericht stufte die Abmahnungen als rechtsmissbräuchlich ein. Ein Missbrauch liege vor, wenn der Anspruchsberechtigte mit der Geltendmachung des Anspruchs überwiegend sachfremde, für sich betrachtet nicht schutzwürdige Interessen und Ziele verfolge und diese als die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen. Ein Fehlen oder vollständiges Zurücktreten legitimer wettbewerbsrechtlicher Ziele sei für die Annahme eines Missbrauchs nicht erforderlich; es sei ausreichend, dass die sachfremden Ziele überwiegen.
Das Kostenrisiko, so das OLG, das der Onlinehändler durch die Vielzahl von Abmahnungen auf sich genommen habe, stünde angesichts des von ihm erzielten Umsatzes in keinem vernünftigen wirtschaftlichen Verhältnis zu diesem. Daher müsse davon ausgegangen werden, dass der Händler überwiegend sachfremde Ziele mit den massenhaften Abmahnungen verfolgt habe.
Das Urteil entspricht der gängigen Rechtsprechung zu Rechtsmissbräuchlichkeit von Abmahnungen. Es ist einem Unternehmen grundsätzlich nicht verwehrt, auch eine hohe Anzahl von Abmahnungen gegen Konkurrenten auszusprechen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die eigene wirtschaftliche Tätigkeit des abmahnenden Unternehmens diese hohe Anzahl von Abmahnungen auch rechtfertigt. Unternehmen mit einem großen Umsatz und/oder einem großen Absatzmarkt können es sich daher eher leisten als kleine lokale Unternehmen, eine Vielzahl von Abmahnungen auszusprechen. Bei letzteren ist die Gefahr relativ hoch, dass eine umfangreichere Abmahntätigkeit als rechtsmissbräuchlich eingestuft werden würde.
Sie sehen sich Rechtsverletzungen von Mitbewerbern ausgesetzt? Vielleicht sind Sie auch von einem Mitbewerber abgemahnt worden? Ich prüfe für Sie, ob es sich lohnt gegen ihre Mitbewerber im Wege einer Abmahnung vorzugehen bzw. mit welchen Erfolgsaussichten Sie gegen eine unberechtigte Abmahnung vorgehen können.