Das Landgericht Heidelberg hatte sich kürzlich mit dieser Frage zu beschäftigen. Man ist geneigt, sie mit einem klaren „Ja“ zu beantworten. Allerdings lag die Besonderheit des vom LG Heidelberg zu entscheidenden Falles darin, dass die Androhung durch die eine Partei letztlich nicht ernst gemeint war, sondern „nur“ zu dem Zweck erfolgte, die andere Partei zu einer Antwort zu bewegen, nachdem die Parteien wegen einer kaufrechtlichen Streitigkeit in einen schriftlichen Schlagabtausch eingetreten waren. Im Detail:
Die Klägerin verkaufte dem Beklagten über eBay eine Festplatte. Auf der Festplatte befanden sich – vermutlich unbeabsichtigt – noch hunderte private Fotos der Klägerin. Nachdem die Festplatte einen Defekt hatte, verlangte der Beklagte von der Klägerin eine Fehlerbehebung bzw. eine Rückabwicklung des Kaufvertrages, wenn die Fehlerbehebung nicht möglich sein sollte. Die Klägerin reagierte hierauf nicht, woraufhin der Beklagte damit drohte, er werde die Bilder im Internet veröffentlichen, wenn die Klägerin ihm nicht antworte. Hiergegen machte die Klägerin einen – vorbeugenden – Unterlassungsanspruch geltend.
Kein Unterlassungsanspruch, wenn Androhung nicht ernst gemeint
Mit Urteil vom 02.12.2015, Az. 1 O 54/15, hat das LG Heidelberg entschieden, dass der Klägerin kein Unterlassungsanspruch zustehe. Dies begründete das LG Heidelberg damit, dass es dem Beklagten nicht drauf angekommen sei, die privaten Bilder der Klägerin wirklich zu veröffentlichen, sondern dass es ihm in erster Linie ausschließlich darum gegangen sei, von ihr eine Reaktion auf seine Geltendmachung der Gewährleistungsrechte zu erhalten. Die Androhung der Veröffentlichung privaten Bildmaterials sei letztlich nicht ernst gemeint gewesen.
Aus den Urteilsgründen:
„Ein vorbeugender Unterlassungsanspruch besteht dann, wenn vom Kläger darzulegende und gegebenenfalls zu beweisende tatsächliche Umstände die ernstlich drohende und unmittelbar bevorstehende Gefahr erstmaliger Begehung der Verletzungshandlung begründen (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Auflage, 2015, § 8 UWG Rn. 1.17). Solche Umstände können sich insbesondere aus dem Verhalten des Schuldners ergeben. Wer sich etwa berühmt, zu einer bestimmten Handlung berechtigt zu sein, kann dadurch den Eindruck erwecken, auch entsprechend zu handeln, so dass dann Erstbegehungsgefahr besteht (Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 8 UWG Rn. 1.18 m.w.N.). Etwas anderes gilt aber dann, wenn der sich Berühmende klarstellt, die entsprechende Rechtsauffassung nur zur Wahrung und Verteidigung seiner Rechte vertreten zu haben, nicht aber, weil er sein Verhalten in die Praxis umsetzen bzw. sich in Zukunft auch so verhalten will (BGH GRUR 2001, 1174, 1175; Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 8 UWG Rn. 1.20). Hier lässt das Verhalten des Beklagten keine Erstbegehungsgefahr befürchten. Der Beklagte hat bereits mit Schreiben an die Prozessbevollmächtigten vom 21.10.2014 eingeräumt, dass er zu dem von ihm angekündigten Verhalten nicht befugt war, er diese Methode aber gewählt habe, um die Klägerin zur Vertragserfüllung zu bewegen. Auch im Prozess lässt der Beklagte vortragen, dass es ihm lediglich darum gegangen war, die Klägerin zu einer Reaktion zu bewegen, um den Kaufvertrag rückabzuwickeln. Zwischenzeitlich hat die Klägerin die Festplatte zurückerhalten, dem Beklagten wurden Kaufpreis und Gutachterkosten erstattet. Der von dem Beklagten geschilderte Anlass, aus dem er die Fotos veröffentlichen wollte, ist daher weggefallen. Es liegen keine tatsächlichen Umstände vor, die den Schluss nahelegen, dass der Beklagte – nach vollständiger Rückabwicklung des Kaufvertrags – die Fotos der Klägerin jetzt noch im Internet veröffentlichen wird. Allein die Tatsache, dass der Beklagte keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgibt, genügt hierfür nicht. Hierdurch bringt der Beklagte lediglich seine Auffassung zum Ausdruck, dass er keine Rechtsverletzung begangen habe, berühmt sich jedoch nicht, die streitige Handlung in Zukunft begehen zu wollen.
Hochladen in Internet-Cloud = öffentliche Zurschaustellung?
Auf eine weitere wichtige Frage kommt das LG Heidelberg sodann zu sprechen: Stellt das Hochlade von Fotos in eine Internet-Cloud eine öffentliche Zurschaustellung der Fotos im Sinne des KunstUrhG dar? Der Beklagte hatte angegeben, die Bilder seien von der defekten Festplatte in eine Internet-Cloud gespiegelt worden. Insoweit sagt das LG Heidelberg:
„Das Hochladen von Bildern in eine Cloud stellt keine öffentliche Zurschaustellung der Bilder im Sinne des § 22 Abs. 1, 2. Alt. KunstUrhG dar. Beim sogenannten Cloud Computing wird dem Nutzer von Plattformbetreiber virtueller Speicherplatz zur Verfügung gestellt, wobei der Plattformbetreiber nicht selbst Eigentümer der physischen Server sein muss, sondern in der Regel die Serverkapazität nur angemietet hat. Der Nutzer kann dann von seinen Geräten auf diesen virtuellen Speicherplatz zugreifen, ohne selbst eigene physische Speichermedien vorhalten zu müssen. Zugriffsberechtigt ist grundsätzlich nur der Nutzer bezüglich des ihm zugewiesenen Speichers. Damit verstößt das Hochladen von Bildern in eine Cloud nicht gegen § 22 Satz 1, 2. Alt. KunstUrhG. Es fehlt an einer Öffentlichkeit, der das in die Cloud eingestellte Bild angeboten wird.“
Auch eine Verbreitung der Bilder scheidet nach Ansicht des LG Heidelberg aus:
„Das – automatische – Hochladen von Fotos in eine Internet-Cloud stellt keine rechtswidrige Verbreitung von Bildnissen gem. § 22 Satz 1, 1. Alt. KunstUrhG dar. Verbreitung im Sinne des § 22 Satz 1, 1. Alt. KunstUrhG meint jede Form der körperlichen Weitergabe des Bildes oder eines Vervielfältigungsstücks, wobei auch die Weitergabe digitaler Kopien von Bildnissen selbst erfasst wird (Engels in BeckOK KunstUrhG, § 22 Rn. 51, 53). Sinn und Zweck ist es, den Rechteinhaber vor dem Risiko einer nicht mehr zu kontrollierenden Kenntnisnahme zu schützen; das Bild oder seine Kopie muss daher zumindest einer weiteren Person zur Verfügung gestellt werden. Daran fehlt es hier. Die Bilder der Klägerin wurden lediglich in die Cloud des Beklagten kopiert. Dass außer dem Beklagten noch andere Personen Zugriff auf die Cloud haben, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der Betreiber der Cloud Zugriff auf die von den Nutzern gespeicherten Inhalte hat. Selbst wenn ein solcher Zugriff durch den Cloud-Betreiber technisch möglich wäre, läge eine Rechtsverletzung des Beklagten nur vor, wenn ihm dieser Zugriff zurechenbar wäre, also von ihm veranlasst oder gar gewollt war. Auch dafür liegen keine Anhaltspunkte vor, es muss vielmehr davon ausgegangen werden, dass der Beklagte entsprechend den Grundsätzen des Cloud Computing nur mit seiner eigenen Zugriffsberechtigung rechnete.„