Das Amtsgericht Kiel hat die Schadensersatzforderung eines klagenden Rechteinhabers bei privatem Filesharing eines Films auf 100,00 € begrenzt, vgl. AG Kiel, Urteil vom 30.01.2015, Az.: 120 C 155/14.
Typischer Ausgangsfall einer Filesharing-Abmahnung
Der Anschlussinhaber erhält eine Abmahnung, in der ihm zur Last gelegt wird, dass über seinen Internetanschluss ein Film in einer Internet-Tauschbörse öffentlich zugänglich gemacht worden sei. Der Anschlussinhaber wurde aufgefordert, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben und sollte Rechtsanwaltskosten sowie Schadensersatz in Höhe von 400,00 € bezahlen. Der Anschlussinhaber zahlte nicht und wurde letztlich vom Rechteinhaber verklagt. In der Klagebegründung führte der Rechteinhaber aus, dass sich die Höhe des Schadensersatzes insbesondere daraus ableite, dass der fragliche Film bereits kurze Zeit nach seinem Kinostart, also innerhalb der sog. Hauptverwertungsphase, öffentlich zugänglich gemacht worden sei. Es sei daher davon auszugehen, dass viele Nutzer, die den Film so über den Computer des Anschlussinhabers bezogen hätten, sich den Weg ins Kino gespart hätten. Der Schaden sei daher überdurchschnittlich hoch. Zum Vergleich: Die Rechtsanwaltskanzlei Waldorf Frommer aus München zum Beispiel setzt in den von ihr ausgesprochenen Abmahnungen wegen Filmen regelmäßig einen Schadensersatz von 600,00 € an.
AG Kiel: Schadensersatzberechnung folgt nicht kommerziellen Maßstäben
Das AG Kiel erachtete jedoch Schadensersatz in Höhe von 100,00 € für völlig ausreichend, da es sich vorliegend lediglich um Filesharing im privaten Bereich gehandelt habe. Bei der Schadensberechnung dürften daher nicht dieselben Maßstäbe gelten wie im kommerziellen Bereich. Das AG Kiel nahm Bezug auf die Schadensberechnung im Wege der sog. Lizenzanalogie. Hierbei wird danach gefragt, welche Lizenzzahlung der Lizenznehmer (derjenige, der hier den Film öffentlich zugänglich macht und dafür die Erlaubnis des Rechteinhabers braucht) und der Lizenzgeber (der Rechteinhaber) nach dem Grundsatz von Treu und Glauben redlicherweise vereinbart hätten, wenn sie von vorneherein einen Lizenzvertrag über die öfentliche Zugänglichmachung des urheberrechtlich geschützten Werks geschlossen hätten. Auch müsse, so das AG Kiel weiter, die Dauer der Filesharing-Nutzung berücksichtigt werden. Vorliegend sei es lediglich zu fünf Downloads gekommen, was eine sehr geringe Menge sei.
Neben dem Schadensersatz kürzte das AG Kiel auch die in der Abmahnung geltend gemachten Rechtsanwaltskosten. Es nahm lediglich einen Streitwert von 2.000,00 € für den außergerichtlich geltend gemachten Unterlassungsanspruch an, so dass nur Rechtsanwaltskosten in Höhe von 192,20 € erstattungsfähig waren.
Es ging hier wohlgemerkt um einen Fall, in dem letztlich nicht streitig war, dass der Anschlussinhaber die Urheberrechtsverletzung zu verantworten hatte. Man sollte diesen Fall daher nicht als Beleg dafür sehen, dass der Anschlussinhaber bei einer Urheberrechtsverletzung über seinen Internetanschluss in jedem Fall haftet und entsprechende Abmahnungen immer berechtigt sind. Allerdings gibt dieses Urteil dem zu Recht abgemahnten Anschlussinhaber, der tatsächlich ein urheberrechtlich geschütztes Werk öffentlich zugänglich gemacht hat, Munition in die Hand, um sich gegen überzogene Schadensersatzforderungen zur Wehr zu setzen.