Der BGH hat sich am 12.05.2016 erneut in einigen Verfahren mit Fragen aus dem Bereich des Filesharing beschäftigt. Unter anderem hatte er sich in dem Verfahren mit dem Aktenzeichen I ZR 86/15 damit zu befassen, ob der Internetanschluss-Inhaber einer anlasslosen Belehrungs- und Überwachungspflicht über nicht-familienangehörigen dritten Personen unterliegt.
Die Klägerin, Rechteinhaberin an dem Film „Silver Linings Playbook“ hatte die Anschlussinhaberin wegen des unerlaubten öffentlichen Zugänglichmachens dieses Films in einer Internet- Tauschbörse auf Ersatz der Abmahnkosten in Höhe von 755,80 € verklagt. Die Beklagte wandte ein, ihre in Australien lebende Nichte und deren Lebensgefährte hätten während eines Besuchs in Ihrem Haushalt den WLAN-Anschluss ihres Internets benutzt und so die Urheberrechtsverletzung begangen. Das Amtsgericht hatte die Klage abgewiesen, das Landgericht dagegen hatte die Beklagte antragsgemäß verurteilt.
Der Bundesgerichtshof hat nun das Urteil des Amtsgerichts wiederhergestellt. Die Beklagte, so der BGH, hafte nicht als Störer im Hinblick auf die durch ihre Besucher begangene Urheberrechtsverletzung. Die Störerhaftung knüpft daran an, dass jemand für das Verhalten einer anderen Person einstehen muss, weil er verpflichtet gewesen wäre, diese darüber zu belehren, dass das Internet nicht zu Zwecken des Filesharing genutzt werden darf. Insbesondere gegenüber minderjährigen Kindern in einem gemeinsamen Haushalt wird eine solche Belehrungspflicht des Anschlussinhabers regelmäßig angenommen. Hier entschied der BGH, dass der Beklagten eine entsprechende Belehrung ohne konkrete Anhaltspunkte für eine bereits erfolgte rechtswidrige Nutzung ihres Internetanschlusses nicht zumutbar gewesen sei.
Den Inhaber eines Internetanschlusses, der volljährigen Mitgliedern seiner Wohngemeinschaft oder seinen volljährigen Besuchern den Zugang zu seinem Internetanschluss ermöglicht, treffe keine anlasslose Belehrungs- und Überwachungspflicht.
Bislang war durchaus umstritten, ob nicht doch eine solche Belehrungspflicht gegenüber dritten Personen, die bereits volljährig sind, besteht. Eine solche Rechtsauffassung hätte jedoch dazu geführt, dass der Anschlussinhaber jeden volljährigen Nutzer seines Internetanschlusses, gleichviel wie lange bzw. kurz die Nutzung erfolgt, unter einen Generalverdacht hätte stellen müssen. Der einzige Weg, sich hier zu 100 % abzusichern, wäre gewesen, sich von jedem Nutzer eine Erklärung unterschreiben zu lassen, dass er über die Nutzungsregeln belehrt wurde. Das so etwas völlig lebensfremd und in der Tat absolut nicht zumutbar ist, hat der Bundesgerichtshof hier zu Recht so gesehen.
Die vorliegende Entscheidung ist auch von großer Praxisrelevanz. Viele Filesharing-Fälle spielen sich in Wohngemeinschaften ab oder betreffen die Nutzung des eigenen Internets durch Besucher. Hier bedeutet die vorliegende Entscheidung für den abgemahnten Anschlussinhaber eine deutliche Erleichterung seiner Rechtsverteidigung.